Volksentscheid zur Fürstenenteignung
Nach der Novemberrevolution 1918 wurde in den folgenden Jahren die Frage diskutiert, wie mit den beschlagnahmten Vermögen der entmachteten Fürsten zu verfahren sei. Die »Kommunistische Partei Deutschlands« (KPD) initiierte 1926 ein Volksbegehren mit dem Ziel einer entschädigungslosen Enteignung. Die »Sozialdemokratische Partei Deutschlands« (SPD) wie auch einzelne Angehörige der »Deutschen Zentrumspartei« (Zentrum) und der »Deutschen Demokratischen Partei« (DDP) schlossen sich dem an.
Volksentscheid zur Fürstenenteignung
Nach der Novemberrevolution 1918 wurde in den folgenden Jahren die Frage diskutiert, wie mit den beschlagnahmten Vermögen der entmachteten Fürsten zu verfahren sei. Die »Kommunistische Partei Deutschlands« (KPD) initiierte 1926 ein Volksbegehren mit dem Ziel einer entschädigungslosen Enteignung. Die »Sozialdemokratische Partei Deutschlands« (SPD) wie auch einzelne Angehörige der »Deutschen Zentrumspartei« (Zentrum) und der »Deutschen Demokratischen Partei« (DDP) schlossen sich dem an.
Die »Deutschnationale Volkspartei« (DNVP) und die »Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei« (NSDAP) betrieben hingegen mit einem ungeheuren Propagandaaufwand die »Aufklärung«, dass die Fürstenenteignung in »Wahrheit« den bolschewistischen Plan einer zukünftigen Enteignung von Vermögen und Eigentum aller vorbereiten solle.
Propagandawagen für die Enteignung der Fürstenhäuser zugunsten Notleidender, 1926.
Bei dem im März 1926 durchgeführten Volksbegehren »Enteignung der Fürstenvermögen« wurde das erforderliche Quorum von 10 Prozent der Wahlberechtigten um das Dreifache übertroffen und dem Reichstag daraufhin von der Regierung am 6. Mai der Gesetzesentwurf eines »Fürstenkompromisses« zur Abstimmung vorgelegt.
Gemeinsame Kundgebung der DNVP und der NSDAP gegen die Fürstenenteignung am Berliner Lustgarten, Juni 1926.
Um den erforderlich gewordenen Volksentscheid im Sinne der Rechtskonservativen zu steuern, wertete Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847–1934) die Fürstenenteignung als eine Entziehung von Vermögen und damit für nicht konform mit der Verfassung, was für den Volksentscheid statt einer einfachen Mehrheit eine Zustimmung von 50 Prozent aller 39,7 Millionen Wahlberechtigten erforderlich machte. Am 20. Juni 1926 gaben allerdings nur 15,6 Millionen ihre Stimme ab. Obwohl schließlich etwa 14,5 Millionen mit »Ja« für eine Enteignung der Fürsten und nur ca. 0,59 Millionen mit »Nein« votierten, war der Volksentscheid gescheitert.
Der »Wahrheit« freie Bahn!
»Nun, Herr Kratzig, haben Sie ein anderes Ergebnis vom Volksentscheid erwartet? Wir haben doch redlich für ›Aufklärung‹ und ›Wahrheit‹ im Volke gesorgt!«
Nach dem Scheitern des Volksentscheids zur Fürstenenteignung verspotten Vertreter rechtskonservativer Parteien unter einem Porträt von Kaiser Wilhelm II. den SPD-Reichstagabgeordneter Hermann Krätzig (1871–1954).
Gerhard Immler: Volksabstimmung »Entschädigungslose Fürstenenteignung« 1926. In: Historisches Lexikon Bayerns, 2006.
Online: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Volksabstimmung_%22Entsch%C3%A4digungslose_F%C3%BCrstenenteignung%22,_1926
Otmar Jung: Direkte Demokratie in der Weimarer Republik. Die Fälle »Aufwertung«, »Fürstenenteignung«, »Panzerkreuzerverbot« und »Youngplan«. Frankfurt a. M./New York 1989.
Karl Heinrich Kaufhold: Fürstenabfindung oder Fürstenenteignung? Der Kampf um das Hausvermögen der ehemals regierenden Fürstenhäuser im Jahre 1926 und die Innenpolitik der Weimarer Republik. In: Günther Schulz / Markus A. Denzel (Hg.): Deutscher Adel im 19. und 20. Jahrhundert. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 2002 und 2003 (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 26). Sankt Katharinen 2004, S. 261–285.
Thomas Kluck: Protestantismus und Protest in der Weimarer Republik. Die Auseinandersetzungen um Fürstenenteignung und Aufwertung im Spiegel des deutschen Protestantismus. Mit einem Vorwort von Günter Brakelmann. Frankfurt a. M. u. a. 1996.
Ulrich Schüren: Der Volksentscheid zur Fürstenenteignung 1926. Die Vermögensauseinandersetzung mit den depossedierten Landesherren als Problem der deutschen Innenpolitik unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Preußen. Düsseldorf 1978.
Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V.: Die Klagen der Hohenzollern – eine Dokumentation. (2021)
Online: https://wiki.hhu.de/display/HV/Hohenzollern-Klage-Wiki